Nur einmal gebraucht

Jan 10th, 2013 by Lutz Spilker

Wie schon weiland Moses das Meer teilte, so scheint sich das Angebot aller erwerbbaren Produkte ebenfalls zu teilen und zwar in Neu- und Gebrauchtwaren. Die jeweiligen Sparten nun aufzuzählen wäre müßig und wird daher unterlassen. Eine genaue Betrachtung drängt sich spätestens dann auf, wenn ganze Bereiche im Sortiment des Gebrauchten zu fehlen scheinen.

Nicht, dass sie als vermisst gelten – nein – sie werden lediglich als Neuware benutzt, wobei sie noch nicht einmal als solche deklariert werden müssen. Es werden Güteklassen, Handels- und Qualitätskategorien definiert und die Rede ist von Lebensmitteln. Eier, also auch Lebensmittel tierischer Herkunft, werden nach Kaliber verpackt.

Und gerade der Geruch eines älteren Ei’s macht den Sinn von gebrauchten Lebensmitteln deutlich.

Die natürliche Verpackung muss noch nicht einmal entfernt werden und dennoch strömt dieser eigenwillige Gestank von faulen Eiern in die Nase und erzeugt Ekel mit Depotwirkung. Auf Bananenschalen rutscht man aus, bricht sich den Steiß und dient maximal als Motiv für Lachsalven. Auch Eierschalen besitzen nur dann ein beachtetes Dasein, wenn sie – Mythen zufolge – ihre Schattenexistenz hinter den Ohren führen. Menschen sammeln so ziemlich alles und folgen auf die Weise den Spuren ihrer Vorfahren.

Schalen natürlichen Ursprungs sind keine Sammelobjekte.

Ein leerer Bananenkarton dient gerne zum Umzug und wird vollgestopft mit Büchern oder anderen Habseligkeiten des persönlichen Besitzes. Nicht selten findet der Betrachter leere Eierverpackungen an den Wänden privater Tonstudios oder geräuschintensiver Partykeller. Gebrauchte Bananenschalen, Eierschalen oder Schalen einst knackig roter Äpfel, stellen keine Bereicherung dar, finden keinen Platz in Sammelalben oder in den Schaufenstern gut sortierter Antiquariate.

Extrem selten ist es daher auch, wenn angebissene Kekse von berühmten Personen Einzug in die Versteigerungshallen online wie offline halten. Der angelutschte Lolli von Kojak mit persönlicher Widmung, wäre der „Royal Flush“ eines Sammlers von gebrauchten Lebensmitteln. Der Zwieback mit dem zufälligen Profil Alexander des Großen (allerdings ohne Autogramm), käme der Bedeutung einer Blauen Mauritius nahe. Ein Reiskorn, welches erst unter dem Mikroskop die Gravur „Made in China“ preisgäbe, sorgte für Schlagzeilen in der Weltpresse und ließe den Besitzer berühmter als Micky Maus werden.

Kalter Kaffee wurde schon vor etlichen Dekaden zum Synonym für Uninteressantes. Der Endverbraucher wird demnach und erkennbar dressiert. Niemand bestellt kalten Kaffee, heiß soll er sein, schwarz und aromatisch. Auch sind kalte Suppen (Gazpacho) nicht der Renner auf hiesigen Speisekarten, Salate hingegen erwartet man als Kaltspeise nicht warm.

Ein unfrischer Salat wirkt so welk, wie ein in Vergessenheit geratener Blumenstrauß auf dem Rücksitz eines Cabriolets bei 30° im Schatten, dennoch er noch nie benutzt wurde und als Neuware zur Sorte Mogelpackung addiert werden könnte. Unberührte Tellergerichte aller Colœr, also eher als nagelneu zu definierende gastronomische Köstlichkeiten, beziehen schnell Position im so genannten Schweineeimer. Essen aus zweiter Hand ist offensichtlich nicht gefragt. Hier ist es ein ungeküsster Pudding, dort ist es ein Sufflé der einsturzgefährdeten Art. Angebrannte Bratkartoffeln sind ebenso verpönt wie erdbebenresistente Wackeldackel. Nahrung scheint sektorale Parallelen zur Defloration aufzuweisen, wobei der Hinweis auf Frische zwischen Verpackung und Inhalt unaufhörlich pendelt und individuell völlig different empfunden wird.

Nicht zuletzt ist auch der Zustand des Probanden entscheidend für wertige Ergebnisse: Vollgedröhnte Kiffer neigen öfter zur Verköstigung jener tags zuvor georderter Pizza, welche achtlos und zugequalmt auf dem Küchenboden, gleich neben Fiffis Napf liegt, wohingegen Legastheniker am Übergewicht zu erkennen sind, da sie mit dem Entziffern nebst der Bedeutung des Wortes Mindesthaltbarkeitsdatum wahre Probleme bekämpfen müssen und Nahrung umgehend in sich hineinschlingen, wie Bewohner der Kalahari.

Telefon:	+49 (0) 2603 - 508 20 79
E-Mail:	deutschfluesterer@gmx.de

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