Bist du gut im Bett?

Okt 5th, 2011 by Lutz Spilker

Vielleicht könnte es der Beginn einer leidenschaftlichen Beziehung werden, wenn der persönliche Partnerschaftstest mit den Fragen: »Kannst du gut kochen und wie gut bist du im Bett« beginnt. Immerhin ist diese Frage bekannt.

Zufriedenstellende Künste in der Küche lassen das Wort Nachschlag erklingen, das wiederum noch nie in Momenten der sexuellen Extase hörbar wurde. Seltsam. Mit Sicherheit wehen keine romantischen Bilder im Kopf, wenn die Frage ‚wie gut bist du im Bett‘ ertönt. Hier geht es um zuverlässige Antworten … hingegen ist Kochen eine Frage des Geschmacks und über den lässt sich bekanntermaßen nicht streiten.

Auch stellt es einen Unterschied dar, ob eine Frau einen Mann fragt oder umgekehrt. Aber – was soll eigentlich erfragt beziehungsweise in Erfahrung gebracht werden? Ob jemand gut im Bett ist? Dann wäre die Frage nach der Güte der Kochkunst doch erheblich aussagekräftiger, denn was der momentane oder gerne auch dauerhafte Sexualpartner für gut befindet, muss nicht gleichsam von jedem anderen ebenso empfunden werden und ohne von Gespenstern zu sprechen, doch hier scheiden sich die Geister.

Was also bedeutet dabei nun das Wort ‚gut‘? Wird vorsichtig nach einer fantasievollen, ausdauernden, initiativen, versauten und vulgären, hemmungslosen, zärtlichen und einfühlsamen Vorgehensweise gefragt oder chiffriert erforscht, ob der Interims- oder künftige Dauerpartner all jene Wünsche zu erfüllen bereit ist, mit denen der Fragende Gassi geht?

Oftmals lässt sich das Auge auch durch Äußerlichkeiten beeinflussen und der Aspirant steht nicht selten mit einem fragwürdigen Resultat vor dem Traualtar. Hier wurden sämtliche horizontalen Probeläufe schändlich ignoriert und auf das Wort der Schwiegereltern vertraut. Selbst die eigenen Eltern drängten zu diesem Schritt und je populärer die jeweiligen Personen sind, desto mehr muss die Öffentlichkeit später behelligt werden, falls es zum Fiasko kommt. Hätte sich doch bloß die Frage aller Fragen drohend aufgebäumt oder demonstrativ in den Weg zum Matratzendepot gestellt: Bist du (eigentlich) gut im Bett?

Nun wird die Meinung Dritter eingeholt. Jeder hat sicher doch auch ein Vorleben und ließ andere munter daran teilhaben und um genau diese Zeitgenossen handelt es sich jetzt. Will das so sein? Wird die ahnungslose Neugiernase unfreiwilliger Zeuge einer solchen Aussage mit fragwürdigem Inhalt? Möglicherweise erklingt der Satz ‚Die ist gut im Bett‘ auf einer Feier und der Abend findet dadurch ein jähes Ende. Immerhin ist diese Aussage – ungeachtet der Urteilsfähigkeit des Absenders – ein stabiler Hinweis.

Auch stehen in derlei Augenblicken die Ohren aller Anwesenden auf Empfang und das Gehirn meldet: ‚Aha, die ist gut im Bett‘. Die Augen addieren das Objekt dazu und der Kopf nickt. Nun wird ein ‚leicht zu haben‘ assoziiert und das Haupt nickt erneut … allerdings intensiver als zuvor und die Zunge hängt plötzlich heraus.

Prima. Demzufolge kann die Aufwärmphase übersprungen und die Kosten für Blumen, Kino, Restaurant und Oper dem Urlaubsbudget zugeführt werden. Nun kann es direkt zur Sache kommen … Zu dir, zu mir, oder gleich hier?!

Vielleicht landen zwei Willige vor lauter Freude gar nicht im Bett, sondern unterziehen die teuren Ledersitze der Limousine einem speziellen Test. Endlich wird der Komfort der auf der Rückbank sitzenden Mitfahrer verstanden.

Und der sexuell abenteuerlich gelagerte Partner? Was ist damit? War das alles nun gut? Konnte eine hinweisgebende Äußerung vernommen werden oder muss diese Frage danach erfolgen? Wem jedoch würde eine aussagekräftige Information gegeben werden können, wenn selbst noch keine endgültige Klarheit herrscht? Findet demnach eine zweite Verabredung statt?

Orale Plapperhaftigkeiten nennt der Volksmund ‚vorlautes Mundwerk‘ und ansonsten wird den Satz: ’so etwas ist mir noch nie passiert‘ hervorgekramt. In einem Comic besäße die Figur nun ein belämmertes Gesicht. Wie verhält es sich aber im richtigen Leben? War nun jemand nicht gut im Bett, weil er nicht bloß krümelte, sondern auch noch gekleckert hat?

Niemand möchte disqualifiziert oder despektierlich tituliert werden. Der hat’s nur achtzehn Sekunden gebracht … Der hatte ein Stehvermögen wie ein Feuerwehrschlauch, durch den kein Wasser fließt … Der war ein echter Schlappschwanz! Das zertrümmert das Ego.
Menschen kommunizieren miteinander und Frauen sprechen untereinander völlig offen über die männliche Leistungsfähigkeit beziehungsweise den Befriedigungsfaktor. Der persönliche Genuss darf dabei nicht zu kurz kommen und ‚Löffelchen‘ oder ‚Kuscheln‘ stehen bei schnellen Anbahnungen nicht in der ersten Reihe.

Kochen, bügeln und die Fenster zu putzen, können sich offensichtlich nicht als Top-Wunsch favorisieren. Frau oder Mann müssen – ob sie wollen oder nicht – bloß gut im Bett sein. Unter diesem Leistungsdruck und dem dazugehörigen Gedankengestrüpp entstand wahrscheinlich die allbekannte Ausweichmöglichkeit namens ‚Seitensprung‘.

Männer gehen fremd. Einmalig oder dauerhaft. Beziehung oder Affäre. Bordell oder Sekretärin. Mutti ist daheim und bewacht Kinder und Möbel. Frauen tun es zwar seltener, doch auch sie betrügen ihren Ehepartner.

Statistiken nach zu urteilen sind Frauen familiärer, häuslicher, verbundener und – kritisch betrachtet – treuer. Ihr sexueller Bedarf ist erheblich geringer … sagt die Statistik.

Wer muss jetzt eigentlich gut im Bett sein – die Frau, der Mann oder womöglich beide? Keiner von beiden? Kommt es demnach gar nicht auf diesen Hochleistungsdruck im Lendenbereich an? Schließlich ist doch bekannt, dass die Frage, ob man gut war, bereits auf der Lauer liegt.

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